Sie hat zwar nur in zwei Edgar-Wallace-Filmen der späten Jahre mitgespielt, aber trotzdem hat Christiane Krüger ein paar Gedanken verdient, denn sie sticht besonders aus der Vielzahl der neuen Schauspielerinnen Ende der 1960er Jahre heraus. Ihr ganz unverwechselbares Charisma ist eine Bereicherung für die deutschsprachige Film- und Fernsehlandschaft.
Als Tochter des international tätigen Starschauspieler Hardy Krüger wurde sie in Hamburg geboren und auch wenn sie mehr in der Schweiz aufwuchs, dann strahlt sie doch sehr das Bild der prototypischen Hamburgerin aus. Ihre blonden Haare und lange Beine, die neugierig blickenden großen Augen, das Zurückhalten von Worten und Emotionen - das waren ihre Frauen von den späten 60er Jahren bis in die 70er hinein. Als Beispiel zähle ich mal ein paar Filme auf: “48 Stunden bis Acapulco” (1967), Klaus Lemkes Gangsterfilmdebut, der Edgar-Wallace-Film “Der Mann mit dem Glasauge” (1968) mit kleiner Nebenrolle, der Reinecker-Fernseh-Dreiteiler “11 Uhr 20” (1970) , drei Kommissar-Folgen wie zum Beispiel “Messer im Rücken” (1970) oder Wolfgang Staudtes unterschätzter Exploitation-Krimi “Fluchtweg St. Pauli-Großalarm für die Davidswache” (1971).
Für all diese Filme gilt mehr oder weniger das gleiche: Christiane Krüger ist die anziehende Frau zwischen irgendwelchen Verbrechen. Die großen Rehaugen beobachten neugierig die Vorgänge und dabei bleibt sie betont passiv; spricht nur, wenn sie gefragt wird, weiß aber eigentlich nichts zu sagen - zumindest behauptet sie das. Attraktiv, kühl und hilflos. Man verschont sie in jeder Hinsicht, da sie immer eine entwaffnende Unschuld ausstrahlt, so nahe sie auch manchmal am Verbrechen ist. Eine anziehende Frau, die nie etwas irgendwofür kann, weil sie niemals aktiv sein will, ein erotischer Eisblock ohne Eigenverantwortung, eine Schönheit immer bei den falschen Leuten. Als Damsel in distress wie in Wallace-Filmen davor Karin Dor oder Diana Körner taugt sie deshalb nicht, Hitchcock hingegen hätte sicher sein Gefallen an ihr gefunden. Interessant werden ihre Frauenfiguren, wenn ihre Lebenswelten bröckeln und sie unter Druck geraten. Plötzlich kann uns Christiane Krüger mit ungeahnter Leidenschaft überraschen.
Es ist ihr Verdienst, in den wilden Jahren um 1970 aus der Masse an jungen Schauspielerinnen hervorzustechen und ihr Typ eignete sich besonders gut für Kriminalfilme. Man sah sie durchaus auch in freizügigen Rolle oder mal komplett nackt im Playboy, aber im Gegensatz zu anderen Starlets wirkte sie deswegen nie nach Aufmerksamkeit heischend oder gar billig, davor bewahrte sie ihr kühle Hamburgische Ausstrahlung.
Aber es ging auch anders!
In dem späten Edgar-Wallace-Film “Das Gesicht im Dunkel” (1969), eigentlich mehr ein Giallo als ein Wallace-Film, hat sie eine größere Rolle, man kann sie fast als Hauptdarstellerin bezeichnen. Ihre Rolle ist außerdem die interessanteste des Films und weicht erheblich von dem beschriebenen Klischee ab. Selten sah man sie so erfrischend extrovertiert, frech und hemmungslos, wobei ihre Filmfigur stets suspekt blieb. Ein perfektes Pendant zu dem hier sehr steif und langweilig wirkenden Klaus Kinski!
Und auch hier erscheint die attraktive Schauspielerin wie in ihren anderen Krimis auf eindrucksvolle Weise rätselhaft. Was sehr selten bei deutschen Schauspielerinnen ist.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.