Joachim Fuchsberger und Karin Dor unter der Regie von Dr. Harald Reinl! Diese Dreier-Kombi aus den Anfängen der Edgar-Wallace-Filmserie tritt in der Hochphase der Filmreihe wieder auf den Plan und schürt große Erwartungen. (Obwohl es diese Dreier-Kombi bei Wallace bisher nur in “Die Bande des Schreckens” (1960) gab).
Während bei Rialto gerade einige der bekanntesten und kultigsten Wallace-Filme produziert wurden, drehte das Trio mit “Der Teppich des Grauens”(1962) und “Die weiße Spinne”(1963) nur einen flauen und einen durchschnittlichen Krimi nach dem tschechischen Ersatz-Wallace-Autor Louis Weinert-Wilton abseits der immer hochwertigeren Rialto-Filme. Allerdings ist das keine Schande, denn viel spektakulärer und erheblich erfolgreicher waren Harald Reinls Karl-May-Verfilmungen dieser Jahre. Darauf lag der aktuelle Focus. In den legendären Deutsch-Western “Der Schatz im Silbersee” und “Winnetou II” war Karin Dor zudem die Idealbesetzung der weiblichen Hauptrolle. Joachim Fuchsberger kam erst 1965 zum Western dazu, als Harald Reinl mit ihm und Karin Dor den Klassiker “Der letzte Mohikaner” auf Zelluloid bannte.
Zwischen seinen wahrhaft hinreißenden Karl-May-Filmen wirken Reinls Krimis 1963/64 wie Gelegenheitsarbeiten daheim in der Jugoslawien-Pause. Inzwischen hatte Horst Wendlandt längst Alfred Vohrer zum stilbildenden Regisseur der Wallace-Serie gemacht. Vielleicht gab es da auch Verstimmungen, da Wendlandt Alfred Vohrer bevorzugte und ihn am liebsten auch als Regisseur des ersten Karl-May-Western gesehen hätte. Trotzdem, mit Karl May dürfte Harald Reinl gründlich sein Image in Richtung Top-Regisseur des deutschen Genre-Kintopps verfestigt haben. Und das hatte Horst Wendlandt natürlich mehr als nur registriert, hatte Karl May doch alle Kassen zum klingen gebracht. Die Stimmung war also insgesamt ganz famos. Und so war Reinl nach sieben Wallace-Filmen Pause nun doch mal wieder dran.
“Zimmer 13” sollte unbedingt alles beinhalten, was Erfolg versprach: Ein Postzug-Überfall (wie der echte Postraub 1963 in England), eine romantische Psychothrill-Story à la Hitchcocks “Rebecca”, “Vertigo” oder “Marnie” und last but not least eine kräftige Portion Humor.
Reinl war schon selbst Stuntman in Leni Riefenstahls Bergfilmen und hatte bei Bergfilmer Arnold Fanck sein Regie-Handwerk gelernt. Bilder und Aktionen konnte er besser als jeder andere in den 1960er Jahren in Deutschland auf die Leinwand bringen. Deswegen ist ein großer actionreicher Raub mit vielen Gangstern auch sein Metier, was er später mit dem Jerry-Cotton-Highlight “Dynamit in grüner Seide” (1967) beweist. Hier allerdings kommt leider nicht wirklich Schwung auf, was auch an der etwas behäbigen Besetzung liegt. Richard Häußler hatte bereits in drei Wallace-Filmen erstklassige Performances hingelegt, aber sein fast wienerischer Heiratsschwindler-Charme erinnert hier eher an einen verstaubten Gangster aus den 1920er Jahren.
Die Psychothrill-Elemente waren nicht Reinls Sache und mit ein paar Szenen, in denen Karin Dor verwirrt auf das Gemälde mit dem Portrait ihrer Mutter blickt, war dieser Aspekt fast schon abgehakt und sollte am Ende des Films szenisch nicht weiter aufgelöst werden.
Leider muss man sagen, dass auch Humor über den üblichen Sidekick-Klamauk hinaus nicht Reinls Stärke war. Sicher, Humoreinlagen der üblichen Chargen gab es natürlich genug, eher schon zu viel, egal ob bei Wallace oder Karl May oder einige Jahre später am Mommsen-Gymnasium in den Paukerfilmen. Aber darüber hinaus fehlen trockener britischer Witz, satirische Typenzeichnung oder Selbstironie wie es in “Der Zinker” oder “Das indische Tuch” meisterlich umgesetzt worden war. Dadurch wirkt der Film etwas ernster und bietet dann aber trotz gelungener Szenen - zum Beispiel die mit Hans Clarin - nicht genug Dramatik. Und das liegt in erster Linie an dem überstürzten Schluss.
Wir werden als Zuschauer im Grunde genommen dreimal betrogen:
1. Der Grundkonflikt des Film zwischen Richard Häußler und Walter Rilla findet seine überstürzte Auflösung in einem unvorbereitet gegenseitigem Erschießen - keine dramatische Szene, fast verschenkt.
2. Da ist ein einziges Mal Karin Dor die psychisch kranke Mörderin und darf sie nicht spielen, weil sie im Film schon vor ihrer Entlarvung sterben musste. Ich hätte ihr das Schauspiel gegönnt und das gerne gesehen, bestimmt wäre sie sehr eindrucksvoll gewesen. Total verschenkt.
3. “Zimmer 13” ist in der Filmversion nur ein Verlegenheitstitel. Man hätte ein bisschen Kreativität investieren sollen, um einen Alternativ-Titel zu finden. Auch verschenkt.
Bevor sich das alles als gehässiger Verriss liest, muss ich beschwichtigend sagen, dass “Zimmer 13” besser und handwerklich sauberer als zum Beispiel die Franz-Josef Gottlieb-Filme erscheint. Man kann sich von diesem Film gut unterhalten fühlen. Keine Angst vor der Striptease-Szene, die dem Film FSK 18 einbrachte; das lässt sich in fast jedem Alter verkraften. Es ist nur schade, dass die Handlungen am Schluss so überstürzt zum Ende gebracht wurden. Vielleicht musste es schnell gehen, um in Jugoslawien nach dem Blockbuster “Winnetou I” nun “ das große Filmspektakel
Winnetou II” auf die Beine zu stellen. Den nächsten Wallace-Erfolg drehte dann wieder Alfred Vohrer. Aber auch Harald Reinl sollte noch einmal an der Edgar-Wallace-Reihe beteiligt sein und seinen letzten klassischen Krimi drehen.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.