Den Edgar-Wallace-Film „Der schwarze Abt“ (1963) als besten Film des Regisseur Franz Josef Gottlieb zu bezeichnen, ist zugegebenermaßen etwas kühn angesichts der Vielzahl an Filmen verschiedenster Genres, die Gottlieb zu verantworten hat. Allerdings ist mir auch bei nochmaliger Durchsicht seiner Filmografie kein Film ins Auge gesprungen, den man getrost besser bewerten könnte. Obwohl ich ehrlicherweise zugeben muss, dass ich auf RTL in den späten 1980er Jahren zum Beispiel „Ehepaar sucht gleichgesinntes“ (1969) oder „Hurra, die Schwedinnen sind da“ (1978) wohl verpasst haben muss.
Bester Film also “Der schwarze Abt”, aber dennoch hat dieser Wallace-Film neben Stärken auch Schwächen.
Zunächst einmal zu den vielen Stärken.
Schon der Titel macht uns unmissverständlich klar, dass wir es hier mit einem typischen Klassiker des Meisters ( jetzt meine ich Edgar Wallace) zu tun haben, was unsere Erwartungen natürlich schürt. Schloss Herdringen in Westfalen gibt wie schon in „Der Fälscher von London“ eine imposante Kulisse und überhaupt sieht dank Wilhelm Vorwerg und Walter Kutz alles wunderbar stilgerecht aus. Ausgeleuchtet und fotografiert ist es dank des erfahrenen Kameramann und Arnold-Fanck-Schülers Richard Angst auch hervorragend. Richard Angst hat schon mit „Die seltsame Gräfin“ seine Qualitäten eindrucksvoll bewiesen. Abstriche gibt es nur dafür, was gefilmt wurde: manchmal sind die Szenen etwas zu fantasielos geraten, zum Beispiel Szenen in den Ruinen der Abtei, die allzu direkt und profan den Abt zeigen oder aber Pausen zwischen tollen Einstellungen, die aus dem Rhythmus fallen. Aber das geht aufs Konto der Regie.
Auch der kreative Sound von Martin Böttcher ist wieder einmal mehr sehr atmosphärisch geraten und beschert dem Film eine ganz unverwechselbare Aura.
Kommen wir zu den Darstellern. Auch hier kann man nur loben und bewundern. Der großartige Dieter Borsche bietet eine der besten Performances der gesamten Wallace-Reihe als psychotischer Lord Chelford und liefert damit eine der archaischen Wallace-Figuren, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Alle anderen Schauspieler wie Fuchsberger, Kinski oder Regnier agieren natürlich ohne Mühe auf hohem Standardniveau, wenn auch ihre Möglichkeiten vom Regisseur nicht weiter ausgereizt wurden. Harry Wüstenhagen und Werner Peters sieht man in umgekehrten Rollen, der miese Erpresser ist normalerweise eher Wüstenhagens Stammfach, der in Bedrängnis kommende etablierte Bürger mit einer Schwäche für Geld eher Peters Stammfach. Dabei zieht Harry Wüstenhagen den kürzeren und bleibt etwas blass, aber das ist nicht seine Verantwortung, sondern die liegt wohl in der Besetzung. Werner Peters hingegen kann immerhin in einigen Szenen trotzdem herrlich unangenehm sein.
Eddi Arent hat wie in allen Gottlieb-Filmen leider nur Gelegenheit zu ganz einfacher Komik.
Peinlicherweise ist die Story das Hauptproblem des Streifens, denn eigentlich liegt das Drehbuch vergleichsweise ziemlich nah am Originalroman. Der doppelte Abt, die vielen verschiedenen und dadurch wirren Motivationen der handelnden Figuren und die unbefriedigende Auflösung enttäuschen leider, dabei wäre es dramaturgisch nicht schwierig gewesen, die Sachen effektvoll ins Lot zu bringen, Lord Chelford beispielsweise mit einem Überraschungs-Drahtzieher zu konfrontieren. Der Regisseur selbst hatte dem Drehbuch das Finishing gegeben.
Alles in allem F.J. Gottliebs bester Film! Dank Horst Wendlandt, der für die Produktion wieder ein hochkarätiges Team für Stab und Besetzung aufbieten konnte. Rialto-Filme hatten auf diese Weise eben ihre zuverlässige Qualität. Leider ist trotzdessen kein Meisterwerk entstanden, dafür hätte man wohl einen anderen Regisseur gebraucht.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.