Harry Lime! Ein Name, den erst später Graham Greene in seinem Drehbuch „Der dritte Mann“ für einen der bekanntesten Verbrecher der Filmgeschichte benutzte. Edgar Wallace erschuf 1926 mit Harry Lime einen Unhold mit Verbrechergenen im Blut, der sich aus nicht ganz einfach nachzuvollziehenden Gründen als Riesenamphibie verkleidet und eine monströse Gangsterorganisation mit Verbindungen bis zu Scotland Yard hinein gründet, um mehrfach täglich schwere Verbrechen von Raub bis zu Mord zu begehen und sich schließlich hoffnungslos in die Teenager-Tochter des Henkers von London verliebt.
Das ist vorerst einmal nur die Handlungsbasis für die Verfilmung eines der bekanntesten und vergleichsweise epischsten Romane von Edgar Wallace, auf der noch zahlreichere Geschichten verquickt stattfinden: der frühere Partner, der sich rächen will; der mächtige alte Geschäftsmann, der in Wirklichkeit eine Marionette ist; der verbrecherische Polizist; der naive Sohn, der vom Weg abgebracht wird; der unheimliche Vater, der von Beruf Henker ist und den eigenen Sohn richten muss; der Neffe des Scotland Yard Chefs, der sich als Freizeitdetektiv probiert und noch viel mehr. Die Helfershelfer des Froschs bedienen sich Pistolen, Messer und Fäuste als Waffen, die Riesenamphibie selbst mordet bevorzugt mit Gas und Maschinenpistole.
„So ein Quatsch!“ , haben damals nicht wenige gesagt. Man konnte sich 1959 nur bierernste und ausschließlich schwermütige Kost vorstellen. Selbst die Lustspiele waren letztlich schwermütig. Die Naiven liebten Rührseliges; für die Intellektuellen wie zum Beispiel die „Spiegel“-Kritiker hingegen war fast gar nichts gut genug: alles war problematisch oder gar existentialistisch.
So ein Quatsch? Na klar! Endlich einmal!
Die Leichtigkeit des schrillen Unsinns um den Frosch mit der Maske war die Initialzündung für die erfolgreichste Filmserie im deutschen Kino. Endlich ist da mal ein Film, der ohne Problematik einfach das sein will, was er ist: effektvoller Kintopp mit viel Fantasie und Spaß.
Zwar war man noch ein bisschen unsicher bei der Gestaltung einiger Details und traute sich noch nicht zu jeder Konsequenz, aber anderseits hatte man auch schon sehr viel richtig gemacht. Regisseur Harald Reinl bekam die kaleidoskopartige Handlung sehr gut in Griff und zeigte, dass er imstande war, einen richtigen Blockbuster hinzulegen. Klar, einiges steckte noch im biederen Mief der 50iger Jahre fest, wie etwa die etwas betuliche Eröffnungsszene, der allzu naive Sohn ( hier hätte man gern schon einen Psychopathen wie Kinski gesehen) oder die allzu brave Tochter (wie gern hätte ich hier schon Karin Dor besetzt gesehen). Aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Denn gerade was die Besetzung betrifft, gab es gleich mehrere Glücksgriffe. Joachim Fuchsberger ist endlich mal ein deutscher Hauptdarsteller, der weder an Biederkeit noch an Selbstzerfleischung krankt. Besonders er steht für ein neues Selbstverständnis, das rasant aus den 50igern hinausführt. Stummfilmlegende Fritz Rasp und der Respekt einflößende Carl Lange werden zurecht Ikonen der neuen Filmserie. Und auch die vielen weiteren Darsteller wie Siegfried Lowitz, Jochen Brockmann oder Eva Pflug sind sehr gut besetzt.
Nicht zu unterschätzen ist die Idee, dem bizarr maskierten Bösewicht einen grotesken Komiker gegenüberzustellen. Nichts gegen Harald Juhnke - aber dass man sich nicht wie angedacht für ihn, sondern für Eddi Arent entschied, gab dem Film und der gesamten weiteren Serie einen entscheidenden Kick, denn Eddi Arent als satirischer Inbegriff konservativer britischer Korrektheit wurde zum Aushängeschild der Serie und unterstrich allein durch seine Präsenz, dass wir hier einen großen makabren Spaß erleben dürfen.
Der Frosch mit der Maske tut eigentlich auch nichts wirklich Böses. Er ermordet schließlich nur die, die uns sowieso nicht so sympathisch waren, die anderen überleben. Und dass die „Damsel in distress“ selbstverständlich mal erschreckt werden muss, erhöht doch nur das Vergnügen allerseits. Als Entschädigung bekommt sie dann ja auch Blacky Fuchsberger am Ende des Films zugeteilt.
Wer sein mühsam erarbeitetes Geld damals an die Kinokasse schleppte, wurde diesmal überraschenderweise nicht mit Schwermut bestraft, sondern in aller Breite richtig gut bedient. Und noch heute denkt man nicht „Puh, bitte nicht noch einmal, den Film kenne ich schon“, sondern legt ihn immer mal wieder gern in den DVD-Player. So durfte es mit der Wallace-Serie weiter gehen!
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.