Schade, schade! Eigentlich wäre alles da gewesen, das macht die Misere besonders bedauerlich. Eine Story-Vorlage, die Wallace-Film-gerecht Witz und Spannung ermöglicht hätte, einen hervorragenden Kameramann, einen außergewöhnlichen Filmkomponisten und obendrein ein opulentes Darstellerensemble, das keine Wünsche offen gelassen hätte.
Harald Leipnitz als charismatischer Bösewicht mit stechenden Augen ist eine phantastische Besetzung. Eigentlich hätte er den Inspektor Angel spielen sollen und Dietmar Schönherr den Jimmy Flynn, aber so ist es womöglich noch besser. Werner Peters hat die für seine Rolle symptomatischste Szene, wenn er mit Geld vollgestopft und mit Schmuck behangen Opfer seiner eigenen materiellen Gier wird. Ex-Scotland-Yard-Chef Ernst Fritz Fürbringer macht in neuer Rolle als unsympathischer Gangster eine noch bessere Figur.
Die junge Vera Tschechowa wäre eine gute Darstellerin für künftige Filme gewesen. Auch die restliche Besetzung ist eigentlich ein gelungener Coup.
Die Windmühle als Schauplatz macht ein beeindruckendes Bild für einen Edgar-Wallace-Film, sowohl die nächtliche Außenansicht mit den großen Flügeln, als auch innen mit verwinkelten Stiegen und unübersichtlichen Mühlrädern. Und Klaus Kinski kommt im Film selten so grausam zu Tode, wie hier zwischen den Mühlrädern! Herrlich!
Und trotzdem schade, denn Regie führte F.J. Gottlieb, der leider zu allem Übel auch noch ins Drehbuch eingriff und dadurch einigen Darsteller alle Möglichkeiten nahm.
An diesem Film zeigt sich, dass ein Regisseur schon Gespür und Kreativität haben sollte. Zumindest sollten die Szenen in sich stimmig sein. Und das sind sie nicht. Am schlimmsten ist die Unterspanntheit nach dem Mord an Vera Tschechowa. Ein Mörder im Haus? Hinter der nächsten Wand? Naja, egal, die Kommunikation geht weiter, als wäre nichts gewesen. Besonders schlimm inszeniert ist die Schießerei rund um den Billardtisch, der zwar nicht Kopf und Oberkörper, aber immerhin den wichtigen Körperbereich unter der Gürtellinie schützt. Inspektor Angel wird so von den dummen Gangstern nicht getroffen.
Harry Meyen ist ein toller Schauspieler - besonders für Verbrecher mit dekadenter Attitüde. Als Inspektor Angel wäre er ein perfekter Antipode zu Harald Leipnitz gewesen. Wallace‘ Roman heißt nämlich eigentlich „Angel Esquire“ und hat gerade das Verhältnis zwischen Jimmy Flynn und dem verdächtigen Inspektor Angel zum Thema. Der arme Harry Meyen hat hier aber fast gar nichts zu spielen und muss sich dann auch noch gefallen lassen, für eine Fehlbesetzung gehalten zu werden. Bedauerlich! Harry Wüstenhagen ist hier nur einer von vielen Verbrechern und verkommt zu einem Statisten ohne Funktion. Auch Klaus Kinski darf nur mal vor der Kamera erscheinen und man denkt „oh, Kinski spielt auch mit“, aber dann ist er auch schon wieder weg. Wenigstens macht seine schon erwähnte Schlussszene dann noch etwas her. Ähnlich ist es mit Ilse Steppat. Ihre Präsenz allein weckt schon mal Interesse, aber bevor sie etwas zum schauspielen bekommt, ist der Film schon zu Ende. Und der große Rudolf Forster befindet sich hier mehrfach in unstimmigen Szenen und wird dadurch nicht so recht ein schlüssiger Charakter. Das schlechte Gewissen treibt ihn einerseits dazu, alles für Kathleen Kent zu tun, der jungen Feder-Lissy droht er andererseits mit dem Tod.
Eddi Arent gibt hier schon mal eine Vorschau zu seinen Klamaukfilmen Anfang der 1970er Jahre. Und Judith Dornys? Sie ist sehr hübsch.
Die Kamera von Richard Angst macht aber trotz allem ganz geschmackvolle Bilder, Ausstattung ist auch gut und Peter Thomas als Filmkomponist immer eine sichere Bank. Woran hat’s gelegen? Ja, woran es gelegen hat:
Die Verfilmung eines Wallace-Krimis läuft nun einmal nicht von selbst. Eine Regie mit Gestaltungskraft und Sinn für dramatische Szenen, in denen die Darsteller glänzen können, wäre hier gut gewesen.
Die Idee des Films im Film - eine der wenigen Ideen - enttäuscht fast ein wenig, denn im „Film“ wirkt alles ganz aufregend mit Zooms und schnellen Schnitten, aber dann wird man in die „echte“ Filmhandlung geschickt, die ganz behäbig daherkommt, immer zu einfach ist und manchmal gar etwas infantil wirkt.
Und so gerät ein Film mit vielen guten oder sogar sehr guten Voraussetzungen zum größten kommerziellen Flop, den Rialto mit einem Edgar-Wallace-Film bis dahin verschmerzen musste. Der Regisseur bekam keine Gelegenheit mehr, einen weiteren Wallace-Film zu drehen.
Alles sehr schade, und trotzdem bekomme ich gerade Lust, mir den Film noch einmal anzuschauen.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.