Nachdem ich 1977 und dann nochmals 1981/82 im ZDF mit Begeisterung schwarzweiße Edgar-Wallace-Filme gesehen hatte („Der Hund von Blackwood Castle“ war der einzige Farbfilm, der bis dahin im Fernsehen lief) war ich sehr gespannt auf die mir noch völlig unbekannten Farbfilme und hatte enorme Erwartungen, die vom damals einzigen Buch über Wallace-Filme (von Florian Pauer) kräftig geschürt worden waren. Als ich dann „Der Mönch mit der Peitsche“ sah, war ich offengestanden verwirrt. Was war das? Extrem turbulent, extrem unlogisch, extrem abwechslungsreich, extrem seicht, viele bekannte Schauspieler, viele austauschbar.
Ich fühlte mich verraten, weil ich den Eindruck hatte, die Macher des Films nahmen meine Lieblingsfilmreihe selbst nicht mehr ernst.
In der Tat erweckt jeder Vohrer-Farb-Wallace-Film den Eindruck, es könnte die durchgeknallt ausgelassene Abschlussparty der Filmreihe sein, auf der man nichts mehr ernst nehmen muss.
Erst später hab ich gemerkt, dass in der Buntheit auch eine Qualität liegt, wobei Buntheit hier auch wortwörtlich genommen werden kann. Blacky Fuchsberger gefiel das wohl auch nicht recht und es gibt ja das bekannte Zitat von ihm, dass Farbfilme keine Buntfilme sein sollten.
Allerdings knallen die Farben so schön heftig wie in einem Mario-Bava-Film, und das macht ja auch Spaß! Grit Böttcher im leuchtend gelben Sixties Outfit gegen den knallroten Mönch! Der Nebel wabert dazu blau oder manchmal auch grün. Zumindest immer, wenn die Handlung hysterischer wird (und das wird sie eigentlich dauernd), können wir uns auch wieder auf den nächsten Farbkick freuen, der von Martin Böttchers Trompeten und Posaunen erfreulich grell untermalt wird.
Natürlich ist da keine stringente Logik in der Handlung. Man könnte hier vieles Unlogische auflisten, stellvertretend sei allein die Maskerade des Mönchs genannt. Sich mittels einer spitzen Kopfbedeckung erheblich größer und unbeweglicher machen, dann etwas sehr sichteinschränkendes über den Kopf ziehen und das alles in der Signalfarbe rot, bevor man einen Mord begeht? Das ist zwar unfassbar dumm, aber es sieht verdammt gut aus!
Der Film interessiert sich im Grunde genommen nicht für die Handlung, sondern für die ästhetische Gestaltung der Szenen. Freddy Vohrer machte wohl mehr noch als die auf Logik bedachte Inszenierung einer Erbschaftsgeschichte das Drehen knalliger Vorgänge Spaß. Eigentlich ist es in dieser Hinsicht sogar sehr folgerichtig, dass die vielen Morde nur wahllos, ja fast sinnlos passieren, um vom eigentlichen Motiv der Geschichte abzulenken. So muss man sich keine Gedanken um die Motivation machen und kann für den tollen Look unbeschwert fleißig losmorden. Je mehr Farbe, Licht, Kamera, Sound und Schnitt zum Selbstzweck werden, desto unwichtiger werden allerdings die Schauspieler. Dabei ist „Der Mönch mit der Peitsche“ opulent besetzt. Als extremster Charakter des Films macht Konrad Georg eine sehr gute Figur und präsentiert einen extremen Charakter so wie man es aus alten Wallace-Filmen gewohnt ist; auch Günter Meisner als Faktotum und Hans Epskamp können sich sehen lassen. Die anderen liefern anständigen Durchschnitt oder sind wie zB Jan Hendriks nur mal kurz textlos mit im Bild. Ein bisschen wie Stargäste auf der Party. Zusätzlich zu den Menschen gibt es als Schauwert reichlich Tiere, sogar Krokodile werden vom Drahtzieher der Verbrechen gebraucht.
Wenn man Edgar Wallace so knallig, effektvoll und naiv gestaltete, hatte man Horst Wendlandts Wunsch gemäß das Publikum der Jugendvorstellungen am Sonntag Nachmittag sicher. Klar, für die Erwachsenen waren die schwarzweißen Wallace-Filme besser. Aber wir kennen sie nun ja auch schon mittlerweile alle.
Ist der Film ein Remake von „Der unheimliche Mönch“? Oder geht er auf den Wallace-Originalrom „Gucumatz“ zurück? „Der unheimliche Mönch“ ist auch bereits eine frei erfundene Geschichte, die nichts mit dem Roman „The terror“ zu tun hat, außer dass eine Person in Mönchskutte vorkommt. Aus diesem Film wird lediglich das Motiv des Peitsche schwingenden Mönch zitiert - das allein reicht nicht für die Bezeichnung „Remake“. Und in der Drehbuchhistorie entstand wohl ein erstes Script basierend auf dem Originalroman „Gucumatz“ , allerdings hat diese Geschichte auch rein gar nichts mit dem vorliegenden Film zu tun. Es ging mittlerweile nur um Elemente aus uns bereits vertrauten Klassikern der Filmreihe.
Also feiern wir sie in ihrer Pop-Art -Variante, mit einem Streifen, der nicht mehr logisch sein muss, sondern die Ingredienzen der Filme stilisieren und die Machart quietschbunt zelebrieren will.
Irgendwie kann ich verstehen, dass Alfred Vohrer nach neun guten Wallace-Filmen voller Wahnsinn im zehnten nicht mehr ernst bleiben kann.
Insofern sei „Der Mönch mit der Peitsche“ entweder einem jungen naivem Publikum empfohlen oder den Fans, die Lust haben, ihre Serie mit kultigen Szenen zu feiern.
Ob Uschi Glas nun Millionen erbt oder nicht, ist uns dabei doch wohl eigentlich auch egal.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.