Ist es Glück oder Pech, wenn ein Schauspieler so treffsicher einen speziellen Typ geben kann? Glück für Friedrich Schoenfelder, denn seine edlen Respektspersonen wurden dauernd gebraucht, was ohne Ende zu Engagements in Film und Fernsehen geführt hat. Pech für Friedrich Schoenfelder, denn seine meist gutmütigen Gerichtsvorsitzenden, Ärzte oder Aristokraten waren naturgemäß Randfiguren ohne extremere Emotionen. Der recht früh ergraute Schauspieler durfte als Edelmann das interessante Geschehen beobachten , kommentieren oder bewerten. Selbst waren seine Figuren meist gar nicht in die Handlung verstrickt. Das kann langweilig für einen Schauspieler werden, wenn auch einige Zuschauer auf die fantastische Idee kamen, Schoenfelder wäre ein idealer Bundespräsident für Deutschland, weil er wie einer wirkt. Ein perfekter Erwachsener, der mit kluger Noblesse das Geschehen einzuschätzen weiß.
Seine sonore Stimme war darüber hinaus vielgefragt für unzählige Synchronarbeiten. Und jetzt zu den Kriminalfilmen der 1960er Jahre:
In „Die weiße Spinne“ (1963) und „Das Wirtshaus von Dartmoor“ (1964) war Friedrich Schoenfelder der unsatirische Scotland Yard Chef, den man ernst nahm, aber der aufgrund seines gemäßigten Charakters nur eine Randfigur bleiben konnte.
Auch in den Edgar-Wallace-Filmen wurde der noble Darsteller für Nebenrollen gebraucht. Perfekt besetzt war er als Regisseur in „Der Rächer“ (1960) oder als ausnahmsweise mal guter Arzt und Fuchsbergers Freund in „Der schwarze Abt“ (1963). Weniger glücklich inszeniert war seine Rolle als verbrecherischer Antiquitätenhändler in „Die Tote aus der Themse“ (1971). Nicht, dass es nicht interessant hätte werden können, wenn sich gerade dieser spezifische Typ als Schurke erweist, aber in dem späten Wallace-Film bleibt Schoenfelder als Antiquitätenhändler glaubhaft, als an jungen Frauen interessierter Drogenhändler jedoch nicht. Und dann ist da noch ein Kuriosum. Im Klassiker „Der unheimliche Mönch“ (1965) wird ein Foto von Karin Dors Film-Vater gebraucht. Natürlich muss die Hauptdarstellerin einen seriösen, sympathischen, gutaussehenden und respektablen Vater haben. Wer kann schon durch sein Antlitz auf einem Foto diese Eigenschaften vermitteln? Natürlich niemand besser als Friedrich Schoenfelder!
Allerdings gibt es auch eine bittere Pille für alle Schoenfelder-Krimifans zu schlucken: in einer Talkshow hat der beliebte Nebendarsteller bekundet, dass ihn diese Filme eigentlich gar nicht interessiert haben, dass sie nur ein Job mehr waren. Aus seiner Sicht sollte das aber verständlich sein.
Schoenfelders Nebenfiguren erschienen so oft in Film und Fernsehen, dass man ihn schließlich allein durch Quantität sehr genau kannte. Spätestens mit seinem Auftritt in einem „Otto“-Film der 1980er Jahre war er zu einer der bekannten deutschen Klischee-Figuren geworden, ähnlich wie im Fall Sky Dumont.
Ich denke, es ist gut, dass Friedrich Schoenfelder nicht Bundespräsident geworden ist, denn seine positiven Fähigkeiten zeigten sich viel überzeugender einige wenige Kilometer südwestlich vom Schloss Bellevue, nämlich am Kurfürstendamm in Berlin im Boulevard-Theater oder als Pickering oder Higgins in dem Musical „My fair Lady“.
Ob er Glück oder Pech hatte, lässt sich leicht einschätzen: Er schien mit seinem Image durchaus gut klarzukommen, denn er begegnete uns in Talkshows und Interviews immer als ausgeglichener Mann mit der gleichen Noblesse wie seine Filmfiguren
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.