Edgar Wallace selbst ging es primär um Geld, ganz einfach, weil er immer zu wenig hatte. Pferdewetten und ein unvernünftig dekadenter Lebensstil waren dafür verantwortlich, obwohl er mit seinen Romanen eigentlich ein mehr als angenehmes Leben hätte führen können. Das Thema Wettschulden zieht sich auch durch viele Romane und ist nicht selten der Ausgangspunkt für Verbrechen. Wallace liebte es, die Personen in seinen Geschichten herumzustoßen und bestrafte die Gierhälse ganz besonders hart. Fast wirken deine Geschichten wie das moralische Aufarbeiten des eigenen Gewissen. In vielen Romanen geht es letztendlich um die Bestrafung - das heißt die Todesstrafe - von üblen Bösewichtern, wobei wiederum die Mörder oft Menschen mit höherer Moral sind. („Der grüne Bogenschütze“ oder “Der Hexer” sind typische Beispiele). Wer wäre denn nun ein geeigneter Darsteller für so einen verachtenswerten Gierhals?
Die Verfilmung des Romans „Der Untertan“ von Heinrich Mann war im Jahr 1951 der Durchbruch für den Schauspieler Werner Peters. Er spielte die Hauptfigur Diederich Hessling und legte sich damit für seine komplette weitere Filmkarriere auf den Typ des opportunistischen und schwachen Charakter fest, der nach oben buckelt und nach unten tritt und der letztlich von seiner Gier auf Status, Geld und Erotik getrieben ist. Praller Bauch, feistes Gesicht und ausgehendes Kopfhaar entsprechen rein äußerlich schon diesem Typus, dem das alles weniger zusteht als den uns sympathischen attraktiven Helden.
Nach einer Vielzahl solcher und ähnlicher Rollen wurde Werner Peters ein unverzichtbarer Darsteller im deutschen Kriminalfilm der 60iger Jahre. Für ihn hätte fast jeder Film eine perfekte Rolle gehabt.
Bevor er in Wallace-Filmen mitspielte, gehörte er schon zur Stammbesatzung in der Dr. Mabuse-Reihe. Gleich im ersten “Die 1000 Augen des Dr. Mabuse” (1960, Fritz Lang) war sein glanzvoll gespielter Part als so mysteriöser wie unangenehmer Spaßmacher ein bisschen anders als gewohnt ( ähnlich später im Alfred-Vohrer-Reißer “Perrak” (1970).
Sein erster Wallace-Film war sofort seine beste Performance: als devoter und überhitzt nervöser Ehemann von Gisela Uhlen ist er zugleich auch ein feiger Mörder. Die Szene mit Heinz Drache gehört zu den köstlichsten Schauspielszenen der Wallace-Reihe. Jedes Detail in seiner Mimik ist perfekt und zeigt, welch ein grandioser Schauspieler er war.
Und Werner Peters ist sich auch nicht zu schade, abstoßende sexuelle Gier darzustellen ( “Der schwarze Abt”, 1963). Die Gier nach Geld muss er besonders bitter in “Die Gruft mit dem Rätselschloss” (1964) bezahlen: mit vollgestopften Taschen voller Geld und umhängt mit wertvollem Schmuck ist er schließlich hoffnungslos in die Gruft eingesperrt. In seinem letzten Wallace-Film “Die Tote aus der Themse” (1971) wurde er als Besitzer einer Großschlachterei in die Handlung geschickt. Die vielen Fleischstücke sind eine gelungene hässliche Allegorie auf Lust und Gier.
Werner Peters drehte fünf Wallace-Filme, vier Mabuse-Filme, drei Weinert-Wilton-Filme, einen reinen Bryan-Edgar-Wallace-Film und noch einige Krimis mehr. Außerdem war er oft in deutschen und internationalen Kriegsfilmen meist als besonders üble Nazi-Scherge zu sehen.
Neben seiner Filmtätigkeit gründete er Rondo-Film. Werner Peters und synchronisierte viele Filme, zum Beispiel auch “Mit Schirm, Charme und Melone”. Auch als Synchronsprecher war er sehr fleißig. Aber der Fleiß zollte Tribut: schon mit 52 Jahren erlag der vielbeschäftigte Schauspieler einem Herzinfarkt.
Laut der Boulevardpresse hat Werner Peters darunter gelitten, aufgrund seiner Physiognomie seit “Der Untertan” immer nur widerwärtige Figuren spielen zu müssen. Sehen wir uns viele Stars im Blitzlichtgewitter auf dem roten Teppich an: es macht Spaß, attraktive Heldinnen und Helden zu spielen und begehrt zu werden.
Aber es hat vielmehr Respekt verdient, große schauspielerische Begabung auch dazu zu nutzen, Negatives mutig und hochkompetent darzustellen und die ekelhaftesten menschlichen Züge zu zeigen, die Edgar Wallace nun einmal so sehr gebraucht hat.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.