Der vielbeschäftigte Hamburger Hans Nielsen (1911-1965) war ein erfahrener Mann im Film und auf Theaterbühnen. Seine tiefe und kräftige Stimme war äußerst wohlklingend und damit für Synchronarbeiten sehr gefragt. Nielsen überzeugte in all seinen Rollen auf eine so selbstverständliche Art, dass man manchmal vergaß, ihn angemessen zu würdigen, zumal gerade seine Figuren oftmals nicht so exaltiert waren. Zwar hatte er auch großartige dramatische Filmrollen wie in „Und ewig singen die Wälder“ (1959) , doch meist spielte Hans Nielsen sympathische Respektspersonen wie Richter, Direktoren, Ärzte, Geistliche oder erstaunlich oft auch Kriminalbeamte in hoher Position, also alles Personen, die eher die Handlung beobachteten und hinterfragten, als selbst dramatisch im Geschehen verstrickt zu sein. Das machte ihn häufig zu einer neutralen Person im Film, die somit auf den ersten Blick weniger auffällig war, als die Darsteller extremer Charaktere. Beispielsweise spielte er den Gerichtspräsidenten in „Hokuspokus“ (1953) nach Curt Goetz, den Kriminalrat in dem Krimi „Die Spur führt nach Berlin“ (1950) oder den evangelischen Pfarrer in dem damals sensationellen Filmerfolg „Nachtwache“ (1949). Seine charismatische Stimme und seine gemütlich kräftige Physiognomie prädestinierten ihn zu einer neutralen Instanz .
1962 kam sein erster Krimi, dessen Handlung in Großbritannien spielte. Im Edgar-Wallace-Film „Die Tür mit den sieben Schlössern“ (1962) besetzte Alfred Vohrer ihn geschickt in dem bekannten Rollenfach, das ihn dadurch recht unschuldig wirken ließ. Es sollten in den kommenden drei Jahren noch neun Krimis im britischen Milieu folgen! Damit ist Hans Nielsen neben Eddi Arent der meistbeschäftigte Schauspieler zu dieser Zeit in diesem Genre. Und unglaublicherweise sah man ihn parallel dazu in mindestens so vielen weiteren Filmen. Eine Leistung, die bislang noch gar nicht genügend gewürdigt worden ist.
Hans Nielsen war oft Inspektor oder gar Polizeichef: „Sherlock Holmes und das Halsband des Todes“ (1962), „Scotland Yard jagt Dr. Mabuse“ (1963), „Das Ungeheuer von London City“ (1964) oder „Hotel der toten Gäste“ (1965).
Er konnte aber auch sehr gut unbeherrschte Kotzbrocken spielen, was sich natürlich ein bisschen beeindruckender darstellte als die braven Polizeichefs: „Der Würger von Schloß Blackmoor“ (1963, nach Bryan Edgar Wallace) , „Das Phantom von Soho“ (1963, auch nach Bryan Edgar Wallace) und sehr gut in „Das indische Tuch“ (1963, nach Vater Wallace) als cholerischer Amerikaner. Ganz besonders beeindruckte er als eiskalter Mörder in der Maske eines biederen Geistlichen in dem ansonsten recht schwachen Krimi „Das siebente Opfer“ (1964, auch wieder nach Bryan Edgar Wallace).
Hans Nielsen wirkte in all seinen Filmen etwas älter als er eigentlich war; das mag außer an den Rollen auch an seinem komplett ergrauten Haar gelegen haben. Für ihn wären bestimmt noch viele Aufgaben in deutschen Fernsehkrimis der 1970iger Jahre da gewesen. Aber der Fleiß hatte seinen Preis.
Nach zehn Kriminalfilmen und vielen anderen Filmen in derselben Zeit war Schluss.
Hans Nielsen starb 1965 im Alter von nur 53 Jahren an Leukämie.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.