Dr. Donald Wells in „Der Fälscher von London“ (1961, Harald Reinl) ist ein genauso selbstsicherer wie beunruhigender Charakter. Dieser Eindruck wirkt um so stärker, je mehr man über Viktor de Kowa weiß. Und das ist durchaus genauso gruselig wie die Filmwelt.
Der deutsche Film hatte immer schon seine Probleme mit attraktiven männlichen Hauptdarstellern und so fallen die Ausnahmen besonders auf: De Kowa glänzte mit natürlichem Charme, Intellekt und großem darstellerischen Talent. So ein Schauspieler konnte es mit Leichtigkeit mit amerikanischen Kollegen aufnehmen, die eigentlich auf diesem Feld führten. Dazu war er noch in der Lage, auch höhere gestalterische Aufgaben auszuführen, nämlich Drehbücher zu schreiben, zu inszenieren oder gar Theaterintendanz zu übernehmen. Was für ein Kerl!
Seine große Zeit hatte er in den 30iger und 40iger Jahren, und da liegt auch der Haken an der Sache: Er war in jeder Hinsicht glühender Unterstützer des NS-Regimes. Kein Opportunist wie viele andere, nein, eindeutig mehr. Das mindeste, was er hätte machen müssen, wäre, auf den Tisch zu legen, was war. Zu sagen, was falsch war. Sich zu distanzieren. Aber: er leugnete stoisch, verbog Fakten und immer wieder kam aufs neue heraus, dass De Kowa sich weiter in Falschaussagen verstrickt hatte, anstatt sich zu entschuldigen.
Sicher fühlte sich Viktor de Kowa nicht wohl mit dieser Situation n den 60iger Jahren. Viele Alt-Nazis hatten die Neigung, ihre Schuld zu verwischen, in dem sie mit Arroganz ihre Fähigkeiten ausspielten, in den Vordergrund traten und sich dadurch die verloren gegangene alte Würde zurückholen wollten. Hellmut Lange war hinter den Kulissen von „Der Fälscher von London“ auch privat das Opfer der Arroganz des „eigentlich viel größeren Stars“. De Kowa hatte anscheinend nur Geringschätzung für die neue Generation übrig. Gelernt hatte er wohl leider nichts.
Dr. Donald Wells entspricht dem sowohl in seinem Selbstverständnis, seiner Art und seinem Verhalten in erstaunlicher Weise. Gerade die Szene mit Siegfried Lowitz, in dem Dr. Wells stoisch seine Schuld leugnet und sich immer weiter verstrickt, erscheint parallel zur Wirklichkeit. Die Besetzung De Kowas gerade in dieser Rolle ist damit auf gewisse Weise faszinierend. Im Karl-May-Film der 60iger Jahre dagegen wirkt er als Komödiant mittlerweile schon als Fremdkörper aus einer anderen Zeit. (Winnetou und sein Freund Old Firehand, 1966).
Schade, dass er nicht einen offenen Neuanfang in einer neuen Zeit gemacht hat.
Ich hätte nämlich lieber etwas netteres über so einen fähigen Mann geschrieben.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.