Jan Hendriks (1928-1991) ist ein immer wiederkehrendes Gesicht in einigen der bekanntesten und erfolgreichsten Edgar-Wallace-Filme. Am häufigsten drehte der Berliner Schauspieler mit Regisseur Alfred Vohrer: sechs Kinofilme, eine Derrick-Folge und viele Der-Alte-Folgen.
Tatsächlich ist es das Gesicht, das dank Vohrer oftmals rangezoomt wurde und das schon deswegen besonders in Erinnerung blieb. Der scharf beobachtende Blick irgendwo zwischen Skepsis und Arroganz prägte ihn als geheimnisvollen Akteur, der womöglich deutlich mehr wusste als der Zuschauer. Typisch ist aber auch seine schlagfertige frech-joviale Art, die in den Dialogszenen viel Spaß macht.
Nach seinem Einstand in „Das Geheimnis der gelben Narzissen“ (1961) waren dabei seine erste Szene mit Werner Peters in “Die Tür mit den sieben Schlössern “ (1962), seine erste Szene mit Elisabeth Flickenschildt in “Das Gasthaus an der Themse” (1962), der Dialog mit Agnes Windeck in “Der Zinker” (1963) und die Szene mit Otto Czarski in “Der Mann mit dem Glasauge” (1968) besonders gelungen. Die dreiste und unverschämte Art seiner Figuren machten ihn zu einem ganz unverwechselbaren Charakter in der Wallace-Serie. Meist stand er natürlich auf krimineller Seite (oder war zumindest halbseiden) , meistens wurde er dann auch Opfer.
Der Hallodri im privaten Leben hatte schon Anfang der 1950iger Jahre betrunken einen Verkehrsunfall mit Schwerverletzten verursacht und Erfahrungen mit Polizei, Richtern und Knast gehabt. Allerdings auch, weil er gegen das Verbot homosexueller Handlungen verstoßen hatte. Nachdem das alles seine vielversprechende Karriere mit Preisen, guten Kritiken und mitunter Hauptrollen sehr ins Schlingern brachte, sollte sich die Situation Anfang der 60iger Jahre zunächst stabilisieren und Jan Hendriks schien - für mindestens jeden Alfred-Vohrer-Krimi - in großen Nebenrollen gebraucht zu werden. Auch für “Das indische Tuch” (1963) war er bereits eingeplant, aber dann kam schon wieder das Thema Straßenverkehr dazwischen: er hatte einen so schweren Motorradunfall, dass er monatelang im Koma lag. Aus dem indischen Tuch wurde also nichts, später für “Wartezimmer zum Jenseits” (1964) holte ihn Alfred Vohrer erstmals wieder auf die Kinoleinwand, allerdings für einen deutlich kleineren Part als in den Edgar-Wallace-Filmen. Möglicherweise war ihm noch nicht mehr zuzumuten. Wie dem auch sei - die Rollen blieben in den restlichen 60iger Jahren auffällig kleiner. In “Der Mönch mit der Peitsche” (1967) spricht er nur einen Satz in einer eigentlich überflüssigen Kleinstrolle, fast ein Cameo-Auftritt. Sein Part im Reinecker-Dreiteiler “Der Tod läuft hinterher” (1967) ist etwas größer; in dem Nachfolger “Babeck” (1968) taucht er auch nur kurz einmal auf und man fragt sich, warum Jan Hendriks dafür extra engagiert wurde und warum er sich dafür engagieren lassen hat. Ein bisschen würdiger ist immerhin der Part in seinem letzten Wallace-Krimi “Der Mann mit dem Glasauge” (1968).
Wer den Schauspieler Jan Hendriks mal wieder wie in seinen alten Wallace-Filmen in Hochform erleben wollte, musste sich die Kommissar-Folge “Die Tote im Dornbusch“ ansehen. Hier steigerte er sogar noch seine bekannt freche Schlagfertigkeit. Drei weitere Kommissar-Folgen und zwei Derrick-Folgen sollten in den kommenden Jahren noch folgen, bis er den zwar festen, aber langweiligen Routine-Job als Assistent von Siegfried Lowitz in der Serie „Der Alte“ (1977-1986) bekam.
Das traurige Ende seines Lebens kam im Alter von nur 63 Jahren. Er hatte sich aus eigener Entscheidung in seine Wohnung zurückgezogen, war in Einsamkeit immer mehr entkräftet und ist schließlich verhungert. Sein Leichnam wurde erst Tage später gefunden.
Seine Karriere schlingerte infolge seines bisweilen etwas zügellosen Privatlebens zwischen großen und kleinen Parts. Aber selbst bei wortlosen Kleinrollen blieb sein markantes Gesicht im Gedächtnis. Es gibt in den Filmen genauso wie in der Realität Rätsel auf.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.