Uschi Glas gilt als ein bisschen bürgerlich konservativ und ein bisschen modern, ein bisschen kreativ und dabei aber nicht durchgeknallt, etwas glamourös und doch sehr bodenständig, sehr attraktiv aber niemals freizügig, ein Stück emanzipiert aber doch auch gute Ehefrau und Mutter, kann ihre Meinung sagen und ist trotzdem immer irgendwo mittendrin, wo es nicht gefährlich wird. Dieser Mix erscheint den einen sympathisch und macht sie zu einer guten Identifikationsvorlage, den anderen ist sie schlichtweg zu langweilig.
Als Horst Wendlandt sie 1965 entdeckte und ihr eine Nebenrolle in „Der unheimliche Mönch“ gab, passte die hübsche und kecke Bayerin sehr gut in den Rialto-Kosmos. Eine zeitgemäße „damsel in distress“, die von Leipnitz, George, Barker oder Fuchsberger gerettet werden musste und allein schon wegen ihrer Frisur eine neue Epoche von Hauptdarstellerinnen einzuläuten schien. Nach ihrer ersten großen Rolle in „Winnetou und das Halbblut Apanatschi“ (1966) war sie mit einem Schlag zum Star geworden. Der inzwischen deutlich angegrauten Blacky Fuchsberger passte im folgenden Film „Der Mönch mit der Peitsche“ (1967) schon nicht mehr so ganz zu der jungen Darstellerin mit der modernen Ausstrahlung. Dabei war sie darstellerisch noch nicht so weit wie viele ihrer berühmten Vorgängerinnen. Aber bleiben wir fair! Immerhin hatte sie einen ganz spezifischen Charme, dem sich viele Menschen schwer entziehen konnten und in puncto Schauspiel-Handwerk hat sie später noch kräftig aufgeholt und wurde zu einer solide guten Schauspielerin.
1968 kam dann der Film, der Uschi Glas anscheinend zu einer Kult-Schauspielerin der neuen Zeit avancieren lassen sollte: „Zur Sache Schätzen“ (1968) war eine leichte Filmkomödie, die ein völlig neues Lebensgefühl verkündete. Die 68iger waren da und Uschi Glas wurde eine Ikone des Hippie-Zeitalters - allerdings hatte das nicht lange Bestand. Politisch äußerte sie sich in den folgenden Jahren immer konservativer und zeigte sich CSU-nahe. Im „Neuen deutschen Film“ fand sie keinen Platz. Außerdem schlug sie viele sehr gute Filmangebote aus, zum Teil internationale Topfilme, die der Zeit der sexuellen Revolution entsprechend allerdings Freizügigkeit verlangten, zu der sie nicht bereit war. Beispielsweise hätte sie die dritte Hauptrolle mit Michel Piccoli und Romy Schneider in „Trio Infernal“ spielen können.
Aber Uschi Glas spielte stattdessen bevorzugt im sogenannten „Opas Kino“: in einigen Lümmel-Filmen, vielen seichten Schlagerfilmen (mehrfach mit Roy Black) und platten Komödien (mehrfach mit Hans-Jürgen Bäumler und Georg Thomalla). Und in drei weiteren Edgar-Wallace-Filmen, die allesamt nicht mehr mit früheren Filmen der Serie mithalten können. „Der Gorilla von Soho“ (1968) bleibt weit hinter dem Original „Die toten Augen von London“ zurück. „Die Tote aus der Themse“ (1971) war kein überzeugender Versuch, der Serie neue Impulse zu geben. Der letzte Wallace-Film „Das Rätsel des silbernen Halbmonds“ (1972) ist immerhin ein passabler Giallo, der außer der Vermarktung als Wallace-Film gar nichts mit Wallace zu tun hat. Die Modernität all ihrer Wallace-Rollen war eher äußerlich, im Prinzip blieb sie eine „damsel in distress“ der 70iger Jahre; modern genug um zeitgemäß zu wirken, konservativ genug, um ein Massenpublikum zu erreichen.
Uschi Glas Weg führte nach der Zeit des alten Kinos unvermeidlich zum Fernsehen, und da waren es auch die trivialen Serien, in denen sie immer wieder auftauchte: „Traumschiff“, „Klinik unter Palmen“, „Ein Schloß am Wörthersee“, „Rosamunde Pilcher“ , „Traumhotel“ etc etc. Darüberhinaus hat sie auch Bücher geschrieben, Drehbücher verfasst und Lieder aufgenommen.
Für viele ist Uschi Glas eine verdiente Frau mit eigener Meinung aus der Mitte der Gesellschaft. Anderen ist sie gerade deswegen zu fade. Möge jeder selbst entscheiden.
Ich finde zumindest schade, dass ihre Karriere Ende der 60iger Jahre nicht eine aufregendere Richtung genommen hat. Ihre Hauptrolle in dem grellen Zbynek-Brynych-Film „Die Weibchen“ (1970) wäre dafür ein guter Start gewesen. Möglicherweise fühlte sie sich nicht - wie zum Beispiel Romy Schneider - dafür berufen.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.