Jeder, der schon einmal einen Edgar-Wallace-Film gesehen hat, muss sich an diesen merkwürdigen Menschen erinnern. Eddi Arent steht wie kein anderer Schauspieler pars pro toto für die gesamte Serie, sogar noch mehr als Klaus Kinski, dessen Pendant er ist. Eddi Arent ist nämlich viel mehr als das komödiantische Maskottchen der Wallace-Filme. Er parodierte keine Archetypen so wie etwa Siegfried Schürenberg oder Hubert von Meyerinck, sondern erschuf eine ganz eigene und gewissermaßen sogar paradoxe Figur. In den 1960er Jahren kündigten sich gewaltige gesellschaftliche Umbrüche an; alte Werte wurden über Bord geworfen und neue Lebensweisen diskutiert. In den Wallace-Filmen wurden die älteren Semester meistens negativ dargestellt oder bestenfalls wurden ihre konservativen Eigenheiten kräftig durch den Kakao gezogen. Die jüngere Generation gab sich gemäß der Zeit so modern wie möglich. Nur einer nicht: Eddi Arent war die personifizierte akademische Korrektheit. Seine Mittel waren sowohl eine statische Körpersprache als auch ganz besonders eine manierierte und umständliche Sprache, die er von Film zu Film weiter entwickelte. Es waren nicht nur die Etikette und Höflichkeitsfloskeln selbst, die längst überholt waren, sondern auch das extreme Pflichtbewusstsein zu deren Einhaltung, das hoffnungslos aus der Zeit gefallen schien und dadurch grotesk wirkte. Glücklicherweise ließen sich solche preußischen Prägungen problemlos auf das Klischee des bornierten und stoischen Engländers voranging in Form von Butler und Kriminalassistenten übertragen. Die Diskrepanz zwischen einerseits der Jugend und andererseits dem Verhalten wirkte absolut paradox und war deshalb sehr lustig. Gerade dieser absurde Gegensatz ließ die Figur in den 1960er Jahren sehr modern erscheinen, besonders wenn die Vertreter konservativ autoritären Denkens wie zum Beispiel Siegfried Schürenberg mit einem jüngeren aber noch viel korrekterem Typen konfrontiert wurden. Allerdings konnte die moderne Entwicklung auch Angst machen (der entfesselte Kinski), weil niemand wusste, wohin die Reise gehen würde. Insofern spiegelt Eddi Arent gewissermaßen auch die Sehnsucht nach einer stabilen Ordnung wieder, die dem chaotischen Wirrwarr der Ereignisse in den Wallace-Filmen entgegensteht. Eddi Arent bedient sich eines ironischen und trockenen Humors, der tatsächlich englischer ist als alles andere, was der deutsche Film der Zeit hätte bieten können. Gleich im ersten Wallace-Film „Der Frosch mit der Maske“ (1959) funktioniert das perfekt und man kann von Glück sagen, dass Eddi Arent nach einigem hin- und her statt Harald Juhnke die Rolle bekommen hat. Nach einer kurzen Findungsphase perfektioniert der auch privat immer äußerst zuverlässige Schauspieler diese Figur bis etwa 1961. Das funktioniert so gut, dass man diese Figur sogar aus den Wallace-Filmen herauslösen und anderswo - wie in die Karl-May-Filme - einpflanzen kann. Klar, manchmal wird ein wenig übertrieben und so wird es folglich albern, beziehungsweise Arent wird fast verheizt („Das Rätsel der roten Orchidee“, 1962). Manchmal sind die Gags aber auch phänomenal gelungen (zum Beispiel in „Die Tür mit den sieben Schlössern“ (1962), „Der Zinker“ (1963) oder „Das indische Tuch“ (1963)). In „Der Hexer“ (1964) wird der Weg noch einen Schritt weiter getrieben: Eddi Arent ist hier aktiv an der Bestrafung der Unholde beteiligt und hat etwas von Edgar Allan Poe’s „Hopp-Frosch“, der Hofnarr, der sich am Ende ironisch vor seinem bösen und inzwischen ermordeten Chef verbeugt. Man kann verstehen, dass ein Schauspieler auch mal etwas anderes spielen möchte. Keine Frage, ein so hervorragender Schauspieler wie Eddi Arent kann auch ganz anderes spielen, allerdings zu dem Preis, seine bisherige Figur dadurch zu beschädigen ( „Der unheimliche Mönch“, „Der Bucklige von Soho“). Sein gelungenster Verbrecher ist der Mörder in „Das Rätsel des silbernen Dreieck“, denn da kommt er noch von seiner ursprünglichen Figur, die hier pervertiert wird. Aber diese nun einmal erschaffene Figur ist stärker und weitere Filmangebote gehen somit an diese Adresse. Aber die vielen flachen Billigkomödien der frühen 70iger Jahren brauchen den armen Eddi Arent lediglich als Blödmann vom Dienst. Erst in der Sketch-Serie „Harald und Eddi“ (1987-1989) sieht man ihn wieder mit halbwegs gelungene Gags. Die Versuche, Edgar Wallace in den 90iger wieder auferstehen zu lassen, sind nicht viel mehr als traurige Vetranentreffen und Eddi Arents Leistung aus früheren Jahrzehnten nicht würdig. Mit Eddi Arent als Galionsfigur stehen die Edgar-Wallace-Filme der 60iger Jahre für Aufbruch in eine neue Zeit bei gleichzeitiger Sehnsucht nach stabiler Ordnung.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.