Der viel geschmähte deutsche Film hat den Oberknaller-Komponisten überhaupt und die kopflastig intellektualisierte deutsche Filmkritik- das gilt vor allem für damals - merkt es natürlich nicht, will es wohl auch nicht merken. Peter Thomas Soundtracks haben eine lustvolle Leichtigkeit, die man selbst in England in den 60igern so nicht finden kann. Nach einem Blasmusikstudium und Erfahrungen als Jazzpianist im Vier-Sektoren-Berlin kommt Peter Thomas zu Film und Fernsehen und lässt sofort mächtig die Trompeten knallen, was man schon in „Am grünen Strand der Spree“ und dem Durbridge-6-Teiler „Es ist soweit“ hört und eines seiner musikalischen Markenzeichen wird. Klingen seine Wallace-Tracks „Die seltsame Gräfin“ und „Die Tür mit den sieben Schlössern“ noch ein kleines bisschen nach Heinz Funk ( was überhaupt kein Makel ist) , so zeigt sich schon in „Das Rätsel der roten Orchidee“ seine etwas frech berlinerisch wirkende Lust, bestehende Musik ( wie hier den Westminster-Glockenschlag) ironisch durch den Kakao zu ziehen, in dem hier zum Beispiel kreischende Trompeten die Melodie über einen schnellen BigBand-Swing spielen ( in „Das indische Tuch“ macht er das mit Chopins Fantasie Impromptu B-Dur, in „Das Wirtshaus von Dartmoor“ mit Greensleeves u.v.m ).
Mit „Der Zinker“ ist Peter Thomas endgültig ganz in seinem eigenen Stil angekommen, man hört dem Soundtrack den überbordenden Spaß an, den er und seine immer hervorragenden Studiomusiker ( u.a. Klaus Doldinger und Albert Mangelsdorff) im Tonstudio gehabt haben. Musikern zufolge soll Peter Thomas nicht wie bisher etablierte Filmkomponisten mit Partituren ins Tonstudio gekommen sein, sondern teilweise mit auf Bierdeckeln gekritzelten Ideen, die improvisatorisch aufgenommen wurden. Dabei wird Peter Thomas auch insofern der führende Filmkomponist, als dass er die neuen technischen Möglichkeiten des Sounddesign ausprobiert und reichlich zelebriert wie kein zweiter.
Es zeigt sich zunehmend, dass Regisseur Alfred Vohrer und Komponist Peter Thomas ein perfektes Team sind. Das progressiv entfesselte in der Musik entspricht perfekt der Hysterie der Inszenierung, was sich zum Beispiel an der Titelmusik zu „Der Hexer“ zeigt. Ab Mitte der 60iger Jahre macht bei Peter Thomas der Swing zunehmend dem funkigen Beat Platz und die Titelmusik zu „Der Hund von Blackwood Castle“ kann dann auch schon erstaunlicherweise locker mit dem neuen Stil eines James Brown mithalten.
Hervorragende Soundtracks ( subjektiv ausgewählt ) :„Raumpatrouille“ ( nicht nur die Titelmusik! ) , „Dynamit in grüner Seide“ ( hier ballert Peter Thomas nahezu inflationär mit seinem drastischen Sound um sich, ganz nach dem Motto “mehr kann auch mehr sein”) , „11 Uhr 20“ ( im letzten Teil explodieren Trompeten und Posaunen förmlich) „Der Kommissar: Der Papierblumenmörder“ ( inzwischen DER Hippie-Kultsoundtrack), „Die Weibchen“ ( auch von Regisseur Zbynêk Brynych, der nach Vohrer der zweite perfekt entsprechende Partner ist).
Im Gegensatz zu vielen anderen Filmkomponisten liegt ein Geheimnis in der Musik von Peter Thomas, dass er nicht so sehr die Empfindungswelt der Filmfiguren ausdrückt , sondern aus der Sicht des distanzierten, aber begeistert entfesselten Publikums komponiert. Deswegen ist es bisweilen auch möglich, dass um welche seiner Kompositionen es sich auch immer handelt, die Musik in jedes Genre zu passen scheint, ob Krimi, Agentenfilm, Science fiction oder Erotic Art. Egal! Peter Thomas ist eben Peter Thomas.
Er bekommt endlich seit einigen Jahren immer deutlicher den Kultstatus, der ihm schon lange gebührend zusteht. Auch wenn es die seriöse Filmkritik immer noch nicht so ganz begriffen hat: Peter Thomas ist ein Glücksfall für den deutschen Film.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.