Fast wäre der ehemalige Charlottenburger Filmkopierer in den Olymp des Starhimmels aufgestiegen: Nach nur wenigen Nebenrollen ging es rasant bergauf - bis an die Spitze der Besetzungslisten! Sehr schnell war der Name Wolfgang Lukschy präsent geworden. Der Schauspieler fiel durch Attraktivität, Eleganz, Gewandtheit und vor allem eine höchst angenehme Stimme auf, die Männlichkeit und Noblesse vereinte. Eine große Karriere bahnte sich an.
Aber leider konnte daraus nichts werden, denn wir befinden uns in der ersten Hälfte der 1940er Jahre. Krieg, Zerstörung und Kapitulation sollten kommen und den Glamour der UFA-Filmwelt über den Haufen werfen. Das Publikum ertrug nach allen Schocks erst einmal nur Biederlinge wie Rudolf Prack, Rudolf Lenz oder Dieter Borsche. Oder später junge unschuldige Darsteller wie Hardy Krüger, O.W. Fischer, Joachim Hansen oder Hansjörg Felmy.
Wolfgang Lukschys Eleganz roch in den miefigen 1950er Jahren eher nach Falschheit, die durch sein inzwischen reiferes Alter sogar noch verstärkt wurde. Aus Hauptrollen wurden deshalb allmählich dritte oder vierte Plätze in der Besetzungsliste. Möglicherweise sind aber solche dann oft negativen, ambivalenten, zwiespältigen oder auch brüchigen Rollen für einen Darsteller von dem Kaliber des guten Wolfgang Lukschy eine viel interessantere Aufgabe. Wie dem auch sei, trotzdem hatte Lukschy immer noch etwas Star-Appeal und ich erinnere mich daran, dass in den 1970er Jahren ältere Frauen bei dem Namen Wolfgang Lukschy immer noch ein schwärmerisches Leuchten in den Augen bekamen.
In den 1960er Jahren kamen einige Kriminalfilme, die dem Schauspieler allerdings erstaunlich wenig Möglichkeiten boten. Am besten davon ist Wolfgang Lukschy in dem Edgar-Wallace-Klassiker “Die toten Augen von London” (1961, Alfred Vohrer) besetzt. Als seriöser Geschäftsmann, der sich als skrupelloser Krimineller entpuppt, kann Lukschy bravourös überzeugen. Die weiteren Krimis nutzen ihn leider nur als beliebige Nebenfigur immer auf der falschen Seite des Gesetzes. Fast schon am Ende seiner Karriere tauchte der schwer herzkranke Wolfgang Lukschy überraschend noch einmal im Krimigenre auf. In dem letzten Durbridge-Mehrteiler “Die Kette” (1977, Rolf von Sydow) spielte er den Vater von Harald Leipnitz, der das erste Mordopfer der Geschichte sein musste.
Auch in mehreren erfolgreichen Western der 1960er Jahre wie den deutschen Karl-May-Filmen oder dem italienischen Kultfilm “Für eine Handvoll Dollar” (1964, Sergio Leone) gabs nur anständige Chargenrollen und nicht viel mehr zu tun.
Doch was soll’s, dafür konnte Wolfgang Lukschy in seiner Heimatstadt Berlin viel Theater spielen, was er mit aller Leidenschaft bis in die1970er Jahre tat. Rekordwürdig sind vor allem die etwa 500 Vorstellungen als Sprachwissenschaftler Prof. Higgins in dem Musical “My fair Lady”. Wenn er auch selbst nicht wirklich einer der ganz großen Filmstar geworden war, so hat er doch dank seiner höchst einnehmenden Stimme viele Weltstars synchronisiert. Gregory Peck, Gary Cooper, Humphrey Bogart, John Wayne, Richard Widmark, Walter Matthau, Henry Fonda, Burt Lancaster, Kirk Douglas und noch viele mehr waren es!
Und somit ist Wolfgang Lukschy dann doch auf diese Weise in den Olymp des Starhimmels gekommen, denn seine Stimme hat da auf jeden Fall ihren festen Platz eingenommen.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.