In Ostpreußen aufgewachsen, in Berlin Theater- und Filmschauspieler geworden und schließlich mit seiner jüdischen Frau während der Nazizeit nach London ausgewandert, nach dem Krieg am Broadway in New York engagiert, dann in internationalen Filmproduktionen: der kosmopolitische Albert Lieven lebte schließlich abwechselnd in England und Deutschland.
Das Kosmopolitische war es dann auch, was dem damals sehr biederen deutschen Krimipublikum etwas verdächtig vorkam. Seine Gewandtheit, seine Souveränität, seine Lässigkeit gepaart mit guten Manieren bei durchaus sympathischer Erscheinung erschien in den 50er Jahren so gar nicht heimatlich bodenständig, wie man es aus den Filmschmonzetten gewohnt war. Damals erschien das alles verdächtiger als heutzutage. Immer wieder gab Albert Lieven ( z.B. in allen seiner drei Wallace-Krimis ) den weltgewandten Geschäftsmann, der sich als kriminell entpuppte- was dem Publikum aber auch von Anfang an klar war.
Sogar in vier Durbridge-Fernsehmehrteilern war er in Schlüsselrollen besetzt, auch hier immer sehr weltmännisch und verdächtig zugleich. Die einzige Ausnahme war „Die Schlüssel“, wo er endlich einmal mit Bravour den Ermittler spielte und sich als sehr gute Alternative zum Dauerinspektor Lowitz präsentierte!
Albert Lievens Rollen schwankten stets zwischen großer Nebenrolle („Des Teufels General“, 1955 oder „London ruft Nordpol“,1956) oder kleiner Hauptrolle („Krach um Jolanthe“, 1934 oder „Klettermaxe“,1952). Immer aber waren es sehr charismatische und distinguierte Rollen, die er bravourös ausfüllte. Dazu wurde er aufgrund seiner Sprachfähigkeiten zunehmend gerne in den internationalen Produktionen besetzt, für die englischsprachige und deutschsprachige Kenntnisse sehr vorteilhaft waren.
Aber auch im englischen Fernsehen sah man Lieven. In der „Mit Schirm, Charme und Melone“-Folge „H2O- Tödliches Nass“ spielte er den abgrundtief bösen Dr. Sturm. Leider starb der gar nicht böse, sondern sehr liebenswerte Albert Lieven schon 1971 im Alter von 65 Jahren. Heute dürfte er uns viel mehr sympathisch als verdächtig erscheinen.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.