Nach seinem großen Filmerfolg “08/15” (1954) ist Joachim Fuchsberger ein Name, den man in Deutschland kennt. Dieser Film hat sein Image mehr geprägt , als man im ersten Moment denken würde. Joachim Fuchsberger war der modernste Hauptdarsteller der 50iger Jahre, auch wenn der deutsche Film mit ihm außer in den “08/15”-Filmen damals noch nicht so richtig etwas anzufangen wusste, denn Charme und Lässigkeit waren Anfang der 50iger Jahre in Deutschland völlig exotisch.
Anderen Hauptdarsteller von Joachim Hansen über Hansjörg Felmy bis O.W. Fischer haftete immer eine gewisse Schwere an; in vielen ihrer oft umständlich Filmen ging es um Vergangenheitsbewältigung. Oder andere Filmstars wie Hardy Krüger oder Horst Buchholz waren Rebellen gegen die alte Ordnung, und selbst auch das mit einer gewissen Schwere, weil ihnen die Zukunftsperspektive noch unklar war.
Joachim Fuchsberger brachte eine Leichtigkeit mit, weil er schwere Kämpfe zwischen Vergangenheitsbewältigung und Zukunftsperspektive nicht brauchte. Ganz sicher war er kein Altnazi, ganz sicher aber auch kein Revolutionär. Er stand mit einer entwaffnenden Selbstverständlichkeit für eine neue moderne und freie Gesellschaft, ohne Zweifel und ohne Selbstqual, mit sicherem Gespür für richtig oder falsch. Mit eben dieser Leichtigkeit und seinem natürlichem Charme war Blacky Fuchsberger eine ideale Identifikationsfigur in Westdeutschland. Dass er schon 1960 als Quiz-Fernsehmoderator in “Nur nicht nervös werden” auftrat, erhöhte noch seine Publikumsnähe.
Damit war er zu einer festen und zuverlässigen Figur in der Film- und Fernsehlandschaft geworden, mit der man sofort in die wilde Welt der Wallace-Filme gehen konnte. Den haarsträubenden Zuständen begegnete er erstaunt, schockiert, wütend und energisch. Aber immer auf dem sicheren Boden, dass die Werte und Normen bei ihm unumstößlichfest sind, dass eine neue Vernunft da ist und dass er eigentlich deswegen nur gewinnen kann. So macht es den Zuschauern dann auch gehörig Spaß, mit ihm die Geisterbahnfahrt durch die Wallace-Filme anzutreten. Und das funktionierte auf Anhieb perfekt. “Der Frosch mit der Maske” (1959) war auch deshalb ein perfekter Kintopp und Überraschungserfolg, weil Blacky im Kampf für das Gute so unproblematisch im Vergleich zu anderen Hauptdarstellern wirkte. In den Wallace-Filmen und auch in den Weinert-Wilton-Filmen bis 1963 spielte er immer auf dem gleich hohen Niveau. Verband man ihn damals noch eher mit B-Filmen, zeigte sich Anfang der 60iger Jahre, dass er in jeder Hinsicht die “A-Schauspieler” verdrängte und zum Beispiel Joachim Hansen oder Hansjörg Felmy zur zweiten Wahl als Hauptdarsteller werden ließ, weil diese vergleichsweise zu schwierig und folglich sogar zu steif wirkten. Als einziges Pendant funktionierte nur Heinz Drache, der ebenfalls -aber in anderer Weise - auf festem Boden stand.
In “Zimmer 13” (1964) musste Blacky dann mal ein bisschen Schwermut zeigen, was er auch beeindruckend gut machte. (wie auch in den Fernseh-Dreiteilern “Der Tod läuft hinterher” und “11 Uhr 20”). Aber wenn er dann doch einmal schwermütig war, rührte das immer von den Ereignissen her und steckte nicht in seiner Persönlichkeit.
Ganz konträr war es wieder in “Der Hexer” (1964). Sein Inspektor Higgins war entwaffnend charmant und selbstironisch. Zusammen mit seiner ebenso charmanten und selbstironischen Verlobten Sophie Hardy stolpert er durch erstaunliche Ereignisse. Möglicherweise war es dem Schauspieler damals fast ein bisschen zu gewagt, doch gerade diese Steigerung der Leichtigkeit brachte einen Helden hervor, der sich ernsthaft mit amerikanischen Stars wie Cary Grant oder Rock Hudson messen konnte. Das hätte kein anderer deutscher Darsteller in dieser Zeit erreichen können. Der Nachteil daran war allerdings, dass er eben diese eine Rolle immer wieder in Variationen spielen musste. Aber wen stört es?
Die „seriöse“ Filmkritik war so sehr mit den Themen der „68er“ beschäftigt, dass sie nicht verstanden hat, was hier passierte.
Danach aber wurde für Joachim Fuchsberger das Fernsehen künstlerisch und kommerziell immer wichtiger. “Zwei Pistolen” aus “Die fünfte Kolonne”, (1965) “Hotel Royal” (1969) und vor allem die fantastischen Reinecker- Dreiteiler “Der Tod läuft hinterher”(1967) und “11 Uhr 20” (1970) boten ihm eine viel bessere Plattform als seine noch folgenden Kinofilme, zumal er in dem inzwischen immer besser etablierten Fernsehen wesentlich näher am Publikum war.
Blackys letzte drei Wallace-Filme gaben sich leider zu sehr damit zufrieden, dass er ein etablierter Hauptdarsteller war und ließen ihn ungewollt etwas farbloser aussehen. Er konnte nicht mehr so engagiert sein wie in “Die toten Augen von London”, “Das Gasthaus an der Themse” oder “Die seltsame Gräfin”, weil die Handlung sich selbst nicht mehr so ernst nahm und er konnte auch nicht so selbstironisch wie in “Der Hexer” sein, weil auch das die Handlung schon übernahm.
Joachim Fuchsberger drehte neun Filme mit Harald Reinl und sieben Filme mit Alfred Vohrer. Karin Dor war in neun Filmen seine Partnerin.
Im Kino ab Mitte der 70iger Jahre konnte kein Platz mehr für ihn sein. Seine Filmfigur drängte stattdessen von dem Gefreiten Asch in “08/15” über Edgar-Wallace-Inspektoren und Rollen in Reinecker-Fernsehkrimis in die Realität der Samstagabend-Show und zur Talkshow.
Wieviel Rolle war und wieviel authentisch war, ließ sich in seinem Fall eigentlich nie mit Sicherheit bestimmen. Im Gegenteil. Wir können uns darauf verlassen, dass er immer derselbe ist, wo wir ihm auch begegnen: charmant, liberal und mit beiden Beinen auf dem Boden der Realität.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.