Der sympathische Wiener war ein Tausendsassa: er war Restaurantbesitzer und Hotelier wie schon seine Eltern, erfolgreicher Ringer und Catcher inklusive Europa- und Weltmeistertitel und schließlich auch Nebendarsteller im Film, und das nicht nur in Wien. Für den Film „Ben Hur“ erklomm er sogar die Hollywood-Leinwand. Immer wieder wurde Adi Berber als ausgesprochen liebenswerter und kommunikativer Mensch bezeichnet, der seine Gäste gerne und gut bewirtete. Als ich am 24. September 1977 um 23.35 Uhr im ZDF den Edgar-Wallace-Film „Die toten Augen von London“ (1961) sah, empfand ich ihn weniger als liebenswert, ganz im Gegenteil. Es gruselte mich unfassbar beim Anblick des „Blinden Jake“ - wie auch überhaupt bei dem Film. Der blinde Jake war für mich und meine Mitschüler, die den Film trotz ihrer zehn Jahren aber fast alle gesehen hatten, der Inbegriff für Horror. Das lag nicht nur an der schockierend mächtigen Gestalt, den weißen Augen, den Narben oder der zugegeben etwas zu üppigen Körperbehaarung. Auch die wenigen infantilen Worte, die das Ungeheuer mit exaltierter Mimik losließ, gingen durch Mark und Bein. Der Rest der Nacht sollte noch deutlich von der Begegnung mit dem blinden Mörder geprägt sein. Fast unmöglich, sich vorstellen zu können, dass der liebenswerte Wiener Gastwirt und der blinde Jack ein und derselbe Mensch sein sollten! Diese Rolle hat Adi Berbers Popularität zweifellos am nachhaltigsten geprägt. Mittlerweile denke ich, dass es vor allem für Adi Berbers Uneitelkeit und Humor spricht, so eine beeindruckend abstoßende Performance hinzulegen. Ein Glücksfall für den deutschen Film, der sich mit Horrorgestalten ansonsten sehr schwer getan hat. Natürlich hat Alfred Vohrer ihn in sehr ähnlichen Rollen noch zweimal eingesetzt. In „Die Tür mit den sieben Schlössern“ (1962) spielt er das mordende Opfer missgeglückter medizinischer Experimente und in „Das indische Tuch“ ( 1963) das Hausfaktotum. In weiteren Krimis der Zeit war er oft unheimliche Nebengestalt, die nur leider meist recht profan in Szene gesetzt wurde. Am besten wirkte Adi Berber in „Im Stahlnetz des Dr. Mabuse“ (1961); der schlechteste Film war „Der Würger vom Tower“ (1966), und das, wo doch der Wirt aus Wien endlich einmal Titelfigur sein durfte. Seine Schuld ist die mangelnde Qualität des Streifens aber ganz sicher nicht. Leider verstarb Adi Berber schon 1966 an einem Krebsleiden. Wer ihn einmal sympathisch erleben möchte, dem sei zuallererst der recht passable Krimi „Die schwarze Kobra“ (1963) empfohlen. Hier sieht man ihn in einer positiven Rolle und man kann sich mit einem kleinen bisschen Phantasie vorstellen, dass er privat alles andere als ein Monstrum war.
Verfasser: Hans-Jürgen Osmers I Sämtliche Texte unterliegen dem Urheberrecht und dürfen ohne Zustimmung und Quellenangabe nicht anderweitig verwendet werden.